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Eine Traumwanderung durch die Toskana

 

Von den Colline Metallifere zu den Weinbergen von Montepulciano

 

Hoffentlich wird es etwas mit der schon lange geplanten Traumwanderung quer durch den Süden der Toskana. Italien ist doch kein Wanderland, es gibt keinen Führer und keine Karten! Wie kommt man an Quartiere? Doch während der Vorbereitungszeit weicht die Skepsis der Hoffnung: Je mehr wir uns mit der Toskana beschäftigen, desto mehr Karten und Führer tauchen auf - mehr oder weniger gute! Es gibt Hotelverzeichnisse, und im Ulmer Hauptbahnhof gibt es sogar einen Fahrplan der Italienischen Staatsbahnen. Also geht es an die Planung. Wir wollen von den bewaldeten Bergen der Colline Metallifere im Südwesten von Siena quer durch die südliche Toskana wandern, wobei wir Wert auf interessante Etappenziele legen.

Die Übernachtungen lasse ich telefonisch reservieren, teils muss ich sie schriftlich bestätigen oder eine Anzahlung leisten (am kostengünstigsten Bargeld im Brief schicken, es kommt trotz aller Bedenken an ). Es ist in jedem Fall sehr sinnvoll, die Unterkunft im Voraus zu buchen, z. B. hier auf unserer Seite.

Und doch: Italienische Sprachkenntnisse sind unerlässlich, in dieser Ecke Italiens gibt es nur wenige deutsche Touristen. Dazu muss man den toskanischen Dialekt verstehen, der kein "K" ausspricht; dafür wird ein "H" gehaucht. Schließlich ist es wichtig, mindestens 4 Wochen vorher die Plätze in der Bahn reservieren zu lassen, denn die wenigen durchgehenden Züge sind streckenweise völlig überfüllt. Übrigens ist Bahnfahren und Busfahren in Italien  sehr günstig, es kostet etwa so viel wie bei uns mit Bahncard.

 

Ouvertüre: Von Siena in die Waldberge der Colline metallifere

 

Wir fahren an unserem "Präriebahnhof" auf der Schwäbischen Alb ab. Auf der Fahrkarte steht als Zielbahnhof "Siena". Pünktlich um 7.20 fährt der Bummelzug nach Ulm ab, genauso pünktlich bringt uns der IC Prinzregent nach München, wo schon der EC Michelangelo wartet, leider "nur" ein italienischer Zug. Leider deshalb, weil der Speisewagen in italienischen Zügen miserabel ist, teuer, Fertigschmeck, Plastikmüll, ein Nachteil auf langen Fahrtstrecken. Dafür sind unsere reservierten Sitzplätze dank der langfristigen Reservierung ideal.

Endlich fährt der Zug ab. Das Wetter wird immer schlechter. In Deutschland, Österreich und Südtirol haben wir nur Mitfahrerinnen, in Italien fahren fast nur Männer im EC. Zwölfeinhalb Stunden dauert die gesamte Fahrt (mit dem Auto dauert sie meist länger!), aber wenigstens wird in Südtirol das Wetter besser. Ab Bologna ist der Zug hoffnungslos überfüllt. Dann geht es über den Apennin, das heißt meistens unten durch. Endlich fließen die Flüsse in Fahrtrichtung, wir sind in der Toskana. Pünktlich fahren wir in den Bahnhof von Florenz ein, angenehm überrascht von den Blumenbeeten am Gleisende des Kopfbahnhofs und von der Sauberkeit des ganzen Bahnhofs. Unser Eilzug nach Siena steht schon bereit. Pünktlich geht es weiter, und auf die Minute pünktlich kommen wir in Siena an. Steif von der langen Fahrt gehen wir hoch in die wunderschöne Stadt, die wir zum "Aufwärmen" zunächst ein paar Tage genießen wollen. Das ist wichtig, um sich an die toskanische Sprache und Lebensart zu gewöhnen. Dies geht aber nur mit einer Unterkunft in der Altstadt, wenn möglich mit Familienanschluss (Privatzimmer, Pension, kleines Hotel). Wir genießen die einmalige Stadt, vor allem das Eis aus der Eisdiele der Eltern von Gianna Nannini an der Piazza Salimbeni, feiern das Contrade-(=Stadtviertel)Fest mit viel Rotwein aus den Colli Senese, von dem der Pfarrer sagt "Il vino fa cantare!", und fahren einige Tage später mit dem Bus hinaus in die Colline Metallifere nach Montieri. Übrigens fahren die Busse aller Fahrtziele in Siena in der Viale del Mille vor der Kirche San Domenico ab. Fahrkarten erhält bei TRA.IN direkt an der Kirche.

 

Nur wenige Menschen steigen in unseren Bus. Mit maximal 50 km/h geht es auf der kurvenreichen Strecke aufs Land hinaus. Das Wetter wird umso bedrohlicher je schöner und natürlicher die Landschaft wird. Bald zieht es zu, die Berge verstecken sich im Nebel, es nieselt. Im Regen steigen wir aus. Wer hätte das gedacht: mitteleuropäisches Sauwetter an Pfingsten in der Toskana! Wir fragen nach dem Weg und finden die alte Straße nach Gerfalco, die bald in die neue, aber dennoch kaum befahrene Straße mündet. Obwohl wir mangels Alternative auf der Straße gehen müssen, ist der Weg sehr kurzweilig. Wir schneiden die Kurven, gehen den wenigen motorisierten Wochenendausflüglern aus Florenz aus dem Weg und freuen uns an Wildschweinspuren und Orchideen im Straßengraben. Bald nach der Straßengabelung klart es auf, schemenhaft taucht ein Dorf in einmaliger Lage auf dem Berggipfel auf: Gerfalco. Völlig nass kommen wir in der Taverna, einem hässlichen, modernen Betonbau am Ortsrand an, wo wir nach Auspacken, Duschen, Trocknen fürstlich bewirtet werden mit penne arrabiata, agnello fritto, insalata mista und uno litro vino rosso, dasselbe Sonntagabendessen wie für die 14-köpfige Wirtsfamilie. Übrigens sind wir die einzigen Gäste in der einzigen Taverna dieser gottverlassenen Gegend!

 

Unendliche Wälder, Wildschweine und aussterbende Dörfer

 

Am nächsten Tag, das gibt es doch nicht, es gießt in Strömen. Gerfalco ist kaum zu erkennen! Was tun? Wir können doch nicht den ganzen Tag in der Taverna rumsitzen! Während des mittelmäßigen italienischen Frühstücks (in Italien wird eigentlich überhaupt nicht gefrühstückt, nur für die Touris wird so was ähnliches aufgetischt) schauen wir immer wieder raus, aber immer wieder ziehen dunkle Wolken von allen Seiten auf Gerfalco herauf und laden ihre Wassermassen über dem unschuldigen Nest ab. Nichtsdestotrotz packen wir die Rucksäcke mit Proviant und Regenzeug. Und was sehen wir da: Es regnet nicht mehr, die Wolkendecke reißt im Nordwesten auf, ein Stückchen Blau erscheint. Also los! Wir bummeln durch das fast ausgestorbene, malerische Felsennest, vorbei am ehemaligen Schulhaus, das jetzt Gemeinschaftshaus und Bar ist, an der neuen Post/Sanitätsstation vorbei zur Kirche hoch. Über die Hälfte der Häuser ist anscheinend nicht mehr bewohnt, Gras wächst auf Stufen und Dächern, die Fensterläden sind verschlossen, Farbe blättert ab, "Vendesi"! Aber der Laden ("Alimentari") hat offen, ein paar ältere Frauen kaufen, auch wir nutzen das spärliche aber qualitativ gute Angebot.

Am Ortseingang finden wir Wanderwegweiser mit Nummern und rot-weißen Markierungen. Das gab es bei unserem letzten Besuch hier noch nicht! Im Wanderführer ist das auch nicht erwähnt. Wir folgen also dem Weg 1 zur Cima Le Cornate, mit 1060 m höchste Erhebung der Colline Metallifere. 50 m links Richtung Travale, dann ein fast nicht mehr sichtbarer Pfeil mit der Nr.1, ein ziemlich zugewachsener Graspfad zwischen Hütten und Gärten durch führt in den Wald, stets leicht bergan, ein Bächlein querend, immer gut markiert und immer besser zu erkennen. Zunächst im typischen Buschwald  mit teils immergrünen Pflanzen, Zerreichen, Korkeichen, Ahorn, am Wegrand Orchideen und Alpenveilchen. Ein schöner Weg! Der Wald wird lichter, Wacholder dominieren allmählich, eine traumhafte Blumenvielfalt in allen Farben, mindestens 10 Orchideenarten (Orchis, Dactylorhiza, Cephalanthera), Viola, Linaria ... Wir gehen teilweise über karstigen Untergrund, über Karrenfelder, Kiefern übernehmen die Herrschaft, der Boden ist von Wildschweinen durchwühlt. Wegen des offenen Bodens haben auch konkurrenzschwache Pflanzen eine Chance hochzukommen, was den Artenreichtum sehr fördert. In Kammnähe kommt starker Wind auf. Wolken ziehen heran - und lösen sich auf. Nur die Ferne ist wolkenverhangen, in die Nähe ist die Aussicht gut. So erkennen wir die Kühltürme der Erdwärmekraftwerke von Larderello. Der Höhenmesser zeigt eindeutig eine zu geringe Höhe an, das heißt der Luftdruck steigt und das Wetter wird besser. Wann kommt endlich der Gipfel? Ist er das? Nein, da kommt noch ein höherer Punkt und noch ein höherer. Jetzt geht's abwärts, also war der letzte Gipfel der richtige! Klarer Himmel, schön gestufte trockene Kalkfelsen, Aussicht - Mittagsrast!

Bald geht's steil bergab, der Weg wird teilweise matschig, der Regenponcho muß noch kurz wegen eines kleinen Regen- und Hagelschauers in Funktion treten. Vorbei an einem Steinbruch kommen wir zum Talweg, untersuchen noch die Ruine des Podere Romano, ehe wir auf dem romantischen Kalkweg an Blumenwiesen, Froschtümpeln und einer Schaf-/Ziegenherde vorbei nach Gerfalco zurückbummeln. Die Sonne strahlt, wir auch, in der Bar lassen wir uns vino bianco, panini und einen café schmecken, dann Siesta, Vor- und Nachbereitung der Wandertour, abends toskanische Völlerei: natürlich Cinghiale (Wildschwein)!

 

Nach dieser Ouvertüre sind wir seelisch gerüstet für die Toskanadurchquerung, wenn auch der Schlaf nach dem Großen Fressen vom Vorabend nicht der beste war. Und da hat auch der spezielle Grappa a fruttas des Hausherrn kaum weitergeholfen.

 

Traumpfade und Straßenhatsch zu mittelalterlichen Felsennestern

 

Wieder wolkenloser Himmel, als wir auf der Straße nach Montieri zurückgehen - Fototermine am laufenden Band. Kaum Verkehr, der Schulbusfahrer winkt, am Straßenrand winken Blumen. Endlich sehen wir das, was uns Nebel und Regen vor zwei Tagen versteckt haben!

In Montieri kaufen wir wieder Proviant: Frisches Brot, grobe toskanische Salami, einen jungen toskanischen Pecorino-Käse, eine Flasche Morellino di Scansano zum Umfüllen in die Trinkflasche und eine Flasche Mineralwasser. Da der Wanderführer zunächst einen Straßenhatsch anzeigt, versuchen wir mit dem Bus nach Chiusdino zu fahren, was misslingt.

Gottseidank, denn wir finden dank unserer neuen Karte einen schönen Fußweg durch Ölbaumgärten und Weinberge, in denen Männer vor sich hinwerkeln. Irgendwo dazwischen machen wir eine lukullische Rast, bevor es steil bergan geht zum Hofgut Mignone, wo uns ein kleiner Hund vor Freude beinahe frisst. Aber sein Frauchen rettet uns. Wir erreichen kurz darauf die Straße, die uns Kurve für Kurve nach Ciciano bringt, wo unser nächster Rastplatz mit schöner Aussicht auf uns wartet.

Auch an dieser Straße botanische Sensationen: Violetter Dingel und Hummel-Ragwurz. Und immer wieder Paradiesgärtlein neben den Häusern. Endlich grüßt Chiusdino von seinem Berg herunter. Wir schneiden die Kehren der Straße auf Trampelpfaden ab und erobern das alte Städtchen in der Direttissima. Die große Mittagsrast machen wir in der Bar, bevor wir das centro storico durchqueren und durch die Porta Senese abwärts Richtung Frassini gehen. Nach etwa eineinhalb Kilometern steht dann tatsächlich ein richtiges Wanderwegschild mit Karte und Wegbezeichnungen rechts am Wegrand.  Es gibt also einen markierten Toskana - Wanderweg, dem wir in Abänderung unserer ursprünglichen Planung folgen, was aber nicht immer so leicht möglich ist. Immerhin passt die Wegführung bis Terme di Petriolo. Also rechts ab zum Hofgut La Selva, wo wir dem inzwischen ganz schön heißen Wetter Tribut zollen, uns ins Gras legen und einen Adler beim Segelflug beobachten. Weiter dann durch die endlosen Felder vorbei an den teils leerstehenden  Poderi S.Carlo, Padule und C.Castri nach Palazzetto, über die Hauptstraße und weiter rot-weiß markiert quer durch Hausgärten und Äcker zum C.San Pietro. Der Weg verwandelt sich jetzt in eine üble Piste, wie ich sie höchstens in Zaire im afrikanischen Regenwald erlebt habe. Holzabfuhrunternehmen haben gewütet! Der Wald Capibosco ist dennoch ein schattiger Segen, auch wenn wir denn Schlamm- und Seenstrecken öfters ins Dickicht ausweichen müssen.

 

Schwierige Flußdurchquerung, Orientierungsprobleme, aber dann eine gastliche Oase

 

Der Wald ist an einem sehr belebten Froschteich zu Ende, wir stehen vor der eindrucksvollen Ruine des Klosters San Galgano - Nachmittagsrast! Die weitere Wegstrecke ist schwierig zu finden. Wir haben die Markierung verloren und müssen Pfadfinder spielen: Zunächst auf dem Weg zum Eremo di Montesiepi, nach 200 m rechts ab auf dem Feldweg an der Hecke entlang zum Merse-Fluß, beinahe 1 km am Fluß entlang Richtung Norden zu einer in unserer Karte eher als in der Natur erkennbaren Furt (ca. 100 m bevor der Wald endet). Hosen hochgekrempelt, Schuhe und Strümpfe ausgezogen, ins Wasser bis weit über die Knie und durch. Jenseits wieder an der Merse entlang nach Süden bis zu einem heckengesäumten Bach mit Zaun, an diesem ca. 200 m aufwärts bis an eine Stelle, wo der Zaun ausgehängt werden kann, und mit einem großen Sprung geht's hinüber. Anschließend quer über die Wiese, wieder über Zaun und Graben und direkt zur Merse, wo wir endlich wieder einen weg finden, der uns in südöstlicher Richtung in den Wald und den Berg hoch bringt, wo wir plötzlich wieder auf den markierten Toskanaweg treffen, dem wir nach Monticiano hinein folgen. An der Hauptstraße Richtung Siena finden wir die Locanda Da Vestro. Wir bekommen natürlich - wie überall  - das beste Zimmer, die Inhaberin heißt Rita Holzleiter -  Kenn' ich doch, die habe ich doch vor 8 Jahren als Köchin einer Holzcooperative kennengelernt. Klar, es ist diese Rita aus der Nähe von Donauwörth, die uns jetzt fürstlich bewirtet und uns einiges über ihr Leben im Herzen der Toskana erzählt. Sie ist eine erfolgreiche Gastronomin geworden. Zur Zeit richtet sie ein neues Lokal in Iesa ein. Morgen fährt sie hin. Spitze! Sie erleichtert uns die erste Hälfte der Tagesetappe, indem sie einen Teil unseres Gepäcks mit dem Auto transportiert.

 

Die über 32 km von gestern stecken uns ganz schön in den Knochen. Es waren einige Höhenmeter und Asphaltkilometer dabei! Dafür verwöhnt uns Rita mit dem besten Frühstück Italiens. Packen, einkaufen (salume toscano, pane, Morellino di Scansano, aqua minerale frizzante) und los geht's durch die Via da Muro an der Altstadt entlang. Ziemlich am Ende führt uns ein schmaler Fußpfad zwischen Hundezwingern, Hühnerställen und Kleingärten an der Mauer links hinunter ins Tal des Baches Gonna. Nach ein paar hundert Metern trifft der Pfad auf den von links kommenden Toskana-Wanderweg. Rechts abwärts überqueren wir den Bach auf zwei malerischen Holzbrücken. Nun nach rechts und auf dem teilweise stark verschlammten Weg die Gonna aufwärts. Teilweise müssen wir ins Auwald-Dickicht ausweichen. Wir folgen der rot-weißen Markierung links ansteigend, bis wir auf den Hauptfahrweg treffen, der von der Staatsstraße 73 bei Casabei abzweigt.

Es wird warm, Hosenwechsel ist angesagt. Und nun geht es viele Kilometer auf diesem schönen Waldweg, vorbei an alten Bauernhöfen, die leer stehen, an Bauern, die Holz fällen, an Ricken mit Rehkitzen, an wühlenden Wildschweinfamilien, durch endlosen Kiefern- und Edelkastanienwald.

 

In diesem Teil der Toskana sind nicht sehr viele Touristen unterwegs. Es herrscht kein Massentourismus, schon gar nicht in dem Maße, wie man ihn aus Siena gewöhnt ist, wo die Besucher busladungsweise an einem vorbei ziehen. In diesem ruhigeren Landstrich südwestlich von Siena gibt es einige ausgestorbene Dörfer. Auch alte Bauernhöfe, die oftmals Ziel von „Aussteigern“ sind, bleiben hier oft unbewohnt.

 

Dann machen wir einen Fehler: Um Straßenhatsch zu vermeiden folgen wir der Markierung, die uns immer weiter ins Farmatal hinunter führt. Das kann doch nicht gut gehen, wir verlieren doch zuviel Höhe gegenüber Iesa. Also umkehren! Auf der Karte ist ein direkter Pfad zur Straße eingetragen. Wir folgen diesem Urwaldpfad, auf dem eine Machete nützlich gewesen wäre, und treffen tatsächlich nach einigen Kilometern Umweg die Straße nach Iesa, wo wir nach einigem Suchen auch Ritas Locanda-Baustelle und unser restliches Gepäck finden. Oh, ist der Rucksack jetzt schwer! Machen wir doch lieber mal Pause auf der Piazza unter den großen alten Bäumen!

Wir finden auch ein Toskana-Weg-Schild, aber keinen Hinweis, wie der Weg tatsächlich geführt ist. Also am besten selber den Weg suchen: auf der alten Straße von Lama nach Cerbaia, um den alten, burgartigen Ort herum auf die neue Straße, der wir nun nach Osten Richtung Petriolo folgen. Im Straßengraben wühlen 6 Frischlinge, die erschreckt davon stieben. Wo bleibt die Bache? Warum nur ist dieser verflixte Fotoapparat im Rucksack, das wäre eine gute Fotodistanz gewesen. Ein Straßeneinschnitt, eine Rechtskurve, eine Hütte, jetzt geht es ab. Halt, strada privata, accesso divieto, verstehe ich nicht, wir gehen einfach rein auf den frisch planierten Waldweg, der nach Südosten stetig abwärts ins Farmatal führt. Am gut restaurierten Podere I Monti machen wir letzte Rast, bald hören wir den Lärm der Schnellstraße, unterqueren das Viadukt und treffen wieder auf die Markierung, die uns in wenigen Minuten zur alten Straße bei Petriolo führt.

 

Regeneration im Thermalbad am Urwaldfluß

 

Oh Schreck, oh Graus, lauter Wikinger(-reisende) in Wanderstiefeln, mit Rucksäcklein auf dem Rücken und dummen Frotzeleien auf den Lippen. Mein erster Gedanke: die werden doch nicht alle hier in der Locanda übernachten, sie ziehen schon die Schuhe aus. Geizig sind sie auch, sie sitzen nur rum. Aber der Kelch geht vorüber, ein Wikinger-Bus kommt und nimmt das ganze Volk, jetzt in Sandalen, mit. Wir aber beziehen als einzige Gäste natürlich wieder das beste Zimmer der Locanda Bagni di Petriolo, machen uns landfein, waschen das notwendigste und gehen runter zum Torrente Farma, einem außergewöhnlich sauberen Fluss, da sein Lauf keine Siedlung berührt. Heiße Schwefelquellen ergießen ihr nach Schwefelwasserstoff duftendes Heilwasser in den Fluss. Mit großen Flußkieseln wurde das heiße Wasser vom Fluss abgedämmt, so dass ein richtiges Badebecken entstanden ist . Wir genießen hier ein angenehmes Entmüdungsbad in romantischer/antiker Umgebung. Und wenn's uns zu heiß wird, kühlen wir uns im Fluss ab. Diese Wechselbäder sind absolut belebend. Nach dem Bad folgt vino bianco, dann ein unerfreuliches Telefongespräch mit Sohn Florian: Er hat Mamas Auto zu Schrott gefahren. Aber eigenartig, die Nachricht, die einen sonst auf die Palme gebracht hätte, juckt hier in toskanisch Arkadien nicht. Der vino rosso tröstet die Mama. Aber auf Wildschweinbraten wird heute mal verzichtet, es gibt ja schließlich noch andere lukullische Gerichte in der Toskana!

 

Früh stehen wir heute auf, frühstücken unsere restlichen Vorräte von gestern und finden einen Weg aus dem verriegelten Haus, denn heute ist eine lange Etappe angesagt. In der kühlen Morgenluft gehen wir über die Brücke - unten im "Thermalbad" schälen sich gerade zwei Mädchen aus ihren Schlafsäcken, die ersten Badegäste suhlen sich im stinkenden, aber wohltuenden Schwefelbad - und dann auf der Straße steil den Berg hoch nach Pari, exklusiv auf dem Gipfel gelegen. Akropolislage nennt der Geograph diese aussichtsreiche Lage. Wir erreichen das Felsennest nach einer Stunde.

Eigentlich wollten wir in der Bar frühstücken, hat heute aber leider geschlossen. Aber wir finden in dem mittelalterlichen Gemäuer einen Alimentari, wo wir Proviant einkaufen. Anschließend frühstücken wir auf einer Bank an der Piazza in der Sonne. Danach den Müll brav getrennt und in die jeweiligen Container deponiert, auf der Via del Giro rund um den alten Ort, dann abwärts am Tennisplatz vorbei, immer auf dem Hauptweg, bis wir auf den Ortsumgehungsweg treffen. Hier nach rechts immer leicht abwärts durch blütenreiche Wiesen, die Pod. Madonnino und San Domenico passierend, rechts ab am Wegweiser Pod.Poggio le Lame und an diesem vorbei versuchen wir die auf unserer Karte zu erkennende und im Wanderführer beschriebene Furt über den Ombrone östlich des Podere Rilli zu finden. Aber erstens ist die Beschreibung im Führer schlichtweg idiotisch (Holzstöße liegen nach dem nächsten Winter nicht mehr da, und alle Olivenhaine sehen in der Schrägansicht schachbrettartig aus).

 

Scheitern am Ombronefluß

 

Bei Niedrigwasser im Hochsommer mag eine Durchquerung des Ombrone an dieser Stelle möglich sein. Ein in der Nähe pflügender Bauer weiß auch keinen Rat. Brücken gibt es weit und breit keine. Wir geben die Durchquerungsversuche nach einer Stunde auf, das Wasser ist zu tief, zu lehmig und zu reißend. Also zurück und hoch zum Hauptweg, vorbei an den Pod. Rilli und Casella, an der Agrarfabrik Tabaccaia, an den Pod. Carpiglione, Poggio ai Pozzi und Serrata, immer auf dem Hauptweg im Ombronetal, der allmählich Höhe gewinnt zur Schotterstraße nach Monte Antico. Der Durst ist groß, die Psyche down, der Weg ist weit, der Hunger geht noch, kein Auto ist unterwegs, der Weg aber toskanisch schön von Zypressen gesäumt. Zwei Pausen helfen uns etwas aufs Pferd, aber der Hatsch ist lang und führt uns immer weiter seitab von unserem Tagesziel Montalcino, das wir jetzt sicher nicht mehr zu Fuß erreichen können.

Also Daumen raus und - welch ein Glück - ein Vertreter hält an und nimmt uns von Monte Antico mit hinunter zur Bar Stazione Monte Antico. Wir genießen die toskanische Bilderbuchlandschaft aus dem komfortablen Auto doppelt mit dem alten schwäbischen Wanderer-Sprichwort: Lieber gut gefahren als schlecht gelaufen (Schwäbisch gleich gehen).

Due Caffé in der Bar, dann wieder Daumen raus. Klappt aber nicht, hier ist sozusagen der A.. der Welt, und wenn doch ein Auto kommt., dann hat der Fahrer/die Fahrerin immer eine gute Ausrede: fahre nur zum nächsten Podere. Also a piedi zur stazione, wo um 18.33 Uhr ein Zug nach Paganico fahren soll. Eineinhalb Stunden warten wir mit ausgestrecktem Daumen, wieder hat jeder eine Ausrede. Wir finden uns schon damit ab, den Zug nehmen zu müssen, aber eine Stunde vor Zugabfahrt nimmt uns ein Toskaner, der kein k sprechen kann, aber Autonummer TO (Turin) hat, mit nach Paganico. Dieser Ort ist eine einzige Baustelle, und niemand weiß, wann und wo ein Bus Richtung Montalcino abfährt: Chiaro, es gibt auch keinen pullman nach Montalcino. Aber einen in Richtung Monte Amiata. Ausnahmsweise verkauft nicht der Tabacchi (Tabakladen) die biglietti sondern Il Giornale (der Zeitungsladen) und in wenigen Minuten soll der Bus abfahren, aber wo? Da fährt er schon, geringfügig schneller als wir mit unseren schweren Rucksäcken rennen können. So ein Mist! Wir rennen nochmals um die Stadtmauer auf der voraussichtlichen Busfahrstrecke - kein Fermata-Schild in Sicht - raus aus der Stadt Richtung Monte Amiata. Daumen raus - und das mit der Fahrkarte in der Hand. Natürlich hält keiner - aber der Bus! Erschöpft steigen wir ein und düsen Richtung Monte Amiata. Der Busfahrer ist erschüttert, als ich ihn nach nach dem besten Ausstieg Richtung Montalcino frage. Da ginge überhaupt nichts!

 

Bacchus' Reich - das Land des Brunello

 

Wir steigen trotzdem  an der Abzweigung Stazione di San Angelo Chinigiano aus, gehen um die Kurve, Daumen raus und ein stolzer Toskaner und Saab-Luxus-Auto-Fahrer nimmt uns mit, erzählt uns viel über die Gegend und den Brunello-Wein, zeigt uns Aussichtspunkte und fährt uns schließlich direkt an unser Etappenziel Montalcino, das inmitten dieser Traumlandschaft liegt. Im Albergo Il Giardino bekommen wir mitten in der Altstadt ein ruhiges, aber einfaches Zimmer. Nach den Strapazen des Tages tafeln wir toskanisch-fürstlich in der Trattoria Sciame, was uns mit den Strapazen des Tages versöhnt. Bei Nacht hat die Stadt - wie vor Tagen schon Siena - ihren ganz besonderen Reiz: Die Touristenmassen haben sich in ihre Wohnmobile auf dem Parkplatz neben der Fortezza (wo man in der Enoteca übrigens sehr gut den Brunello oder den gleich guten, aber preisgünstigeren Rosso die Montalcino testen kann) zurückgezogen oder sind von ihren Bussen nach Florenz oder Siena zurücktransportiert worden. Dabei ist es abends hier so schön, und der Wein ist einmalig gut!

 

Nach soviel Rosso di Montalcino schläft man einfach gut. Wir packen unsere Siebensachen und gehen zum frühstücken ins stilvolle Caffé Fiaschetteria. Nicht weit entfernt finden wir in der Via Matteotti 22 die Libreria Voltapagina, wo wir die beste Auswahl an Wanderbüchern finden. Der Buchhändler hat den absoluten Durchblick, er hat alle neuen Karten 1 : 25 000 vorrätig und weiß genau, wann welche Blätter erschienen sind oder erscheinen werden. Er kann es kaum fassen, dass ich die selben Blätter auch in Deutschland kaufen konnte. Der doppelt so hohe Preis (42 DM pro Blatt) in Deutschland erstaunt ihn allerdings. Anschließend bummeln wir über den Markt, testen verschiedene Spitzenweine, vertrödeln ohne Reue die Zeit. Hier sollte man einen Ruhetag einlegen! Wir müssen aber jetzt doch etwas Zeit mit dem Schulbus hereinholen, mit dem uns ein kinderlieber, freundlicher Busfahrer in einer Viertelstunde hinunter nach Castellnuove dell'Abate bringt. An der Abzweigung zum berühmten Kloster Sant'Antimo steigen wir aus, hinter der ersten Hecke Hosenwechsel von lang nach kurz, dann gehen wir langsam (nach soviel Rosso) auf der alten Römerstraße den Berg hoch, vorbei an Weingütern, auf denen der Brunello reift, mit tollsten Ausblicken auf Sant'Antimo, das untere Orcia-Tal und den Monte Amiata. Es ist ein traumhaft schöner Weg. Von lauter Klatschmohn rotglühende Getreidefelder, gepflegte Olivenhaine und Brunello-Weinreben.

Bald geht es steil abwärts ins Asso-Tal. Die Bahnlinie überqueren wir über den Tunnel, nochmals steil runter, Schuhe ausziehen und durch den Torrente Asso. Die Rast zum Trocknen der Füße ist herzlich willkommen. Für Wanderer mit Zelt besteht hier eine exklusive Möglichkeit zum Zelten! Gleich müssen wir unsere Rast mit einem steilen Aufstieg büßen, aber die Rückblicke auf die Mohnfelder und den Fiume Orcia entschädigen wieder. Es ist schattenlos, glutheiß und schwül, habe selten so geschwitzt! Der Schweiß tropft so heftig von der Stirn, dass sich beinah die teure Carta d'Italia auflöst.

Kurz nach dem Podere Caggiolo gabelt sich der rot-weiß bezeichnete Wanderweg: Links geht es direkt nach San Quirico d'Orcia, rechts nach Ripa d'Orcia und Bagno Vignoni. Der Weg nach Ripa d'Orcia und Bagno Vignoni ist wegen der Tiefblicke ins Orcia-Tal und der Aussicht auf die Rocca d'Orcia und Ripa d'Orcia sowie auf den Monte Amiata sehr schön. Die Quartierfrage kann aber schnell entscheiden, dass es besser ist, direkt nach San Quirico d'Orcia zu wandern. Wir genießen natürlich den schönen Weg, der meist durch Macchie oder lockeren Eichenwald führt und jetzt am Nachmittag sehr sonnig und schweißtreibend ist.

 

Ripa und Rocca d'Orcia rücken sehr schnell näher, und plötzlich stehen wir gegenüber der von der Seneser Familie Salimbeni erbauten und später von den Piccolomini übernommenen Burg, die heute noch als "Dorf" bewohnt wird. Ein Seneser Stadtpalast hoch auf einem Felsen über der Orcia!

Wir gehen schnell weiter auf dem Zufahrtsweg zur Ripa, vorbei an den Pod. Casino und Sta. Anna. Am Wasserreservoir (umzäunt mit hohen Zypressen) geht der bezeichnete Weg rechts ab Richtung Mulina/Castiglione d'Orcia/Bagno Vignoni. Schön die anschließende, aussichtsreiche Rast mit Rosso di Montalcino, pane e salume toscano im rosa blühenden Esparsette-Feld. Danach geht's im Zickzack steil abwärts zum Fiume Orcia. Nach Überquerung eines jetzt fast ausgetrockneten Bächleins gabelt sich der Weg. Wir wählen den unscheinbaren roten Pfeil links hoch zum Pod. Coroglie, rechts daran vorbei, abwärts zum Wald, dann links am Hang entlang durch schönste Macchie-Vegetation. Wer die neue Karte 1 : 25 000 dabeihat, findet den Traumpfad durch die Macchie, der leider etwas garniert ist mit kleineren Mülldeponien in Dolinen und einer Fiat Cinquecento-Ruine am Weg. Wir kommen aus dem Wald heraus, rechts unten liegen die Häuser von Bagno Vignoni.

Hier erleben wir die einzige negative Überraschung der ganzen Wandertour: Im antiken Badebecken ist "Baden verboten!", die einzigen Hotels am Ort sind bis aufs letzte Bett ausgebucht durch deutsche Busunternehmen, u. a. Wikinger-Reisen und einen Senioren-Gesangverein, der die toskanische Stille mit teutonischen Liedern stört. Wenigstens ist die Padrona des Hotels Le Terme (übrigens sehr teuer) so freundlich, für uns telefonisch ein Zimmer im Hotel Palazzuolo zu bestellen. Der Weg zu Fuß dorthin ist für sie unvorstellbar. Wahrscheinlich hat sie noch nie in ihrem Leben 5 km auf ihren eigenen Beinen zurückgelegt.

Da die Zeit schon knapp ist, gehen wir schnell zur Staatsstraße 2 runter, Daumen raus, und nach 10 Minuten schon hält ein toskanischer Führerscheinneuling mit einem etwas ramponierten Fiat Uno an und nimmt uns nach San Quirico d'Orcia mit.

Das Hotel erweist sich als Flop: Am Rande eines "hübschen" Neubaugebiets liegt der supermoderne Tuscany Club Albergo Palazzuolo, doppelt so teuer wie unsere anderen Quartiere, teurer Wein (es gibt auch ganz guten vino della casa, steht aber nicht auf der Karte), hundsmiserables Essen, gänzlich ungewohnt in diesem Schlaraffenland, dafür luxuriöse Zimmer und deutsche Gäste. Im Nachhinein stellen wir fest, dass es im Ortskern mindestens eine weitere Schlafgelegenheit bei sicher besserem Essen gegeben hätte. Nichtsdestotrotz genießen wir auf der Terrasse den vino, das Abendrot und die Lichter von Montalcino in der Ferne.

 

Durch die Bilderbuch -Toskana zur Stadt Pius des Zweiten

 

Frösche und Vögel wecken uns. Auf das Frühstück verzichten wir nach unserer Abendessen-Erfahrung, auch wenn Montalcino schon in der Morgensonne blitzt. Wir verlassen schnell den gastlichen Ort, gehen zu den Orti Leoni, einem schönen barocken Stadtpark mit einem Denkmals des Mediceers Cosimo III. Wir frühstücken fürstlich und günstig in der Bar Centrale, verproviantieren uns in gewohnter Weise und verlassen den Ort durch eines der vielen Tore Richtung Pienza, überqueren die SS 2 auf einer Brücke und sind schon auf der SS 146 nach Pienza. Wir gehen auf dieser Straße an der Madonna del Rosario vorbei bis zu einer Neubaustrecke, wo die Kurve abgeschnitten wurde. Links oben grüßt die malerische Fattoria Poggio Manzuoli. Hier biegen wir rechts ab auf den Feldweg, der am Pod. La Buca vorbeiführt. Danach wird der Weg etwas unebener, aber der Bauer auf seinem Raupenschlepper bestätigt uns, dass dies der richtige Weg nach Pienza ist.

Schattig geht es steil hinunter zum Fosso Rigo, dann den Gegenhang steil und schattenlos hoch zum Pod. Vitalta, einem bekannten Postkartenmotiv. Kurz danach treffen wir auf den Weg, der rot-weiß (Nr. 6) markiert von Bagno Vignoni heraufführt. Dieser markierte kürzere Weg zweigt kurz vor dem Pod. Costilati rechts ab hinunter ins Tal des Fosso Sambuco (Holundergraben), von wo es kurz und steil nach Pienza hinaufgeht. Wir bleiben auf dem guten Weg, vorbei am Agriturismo -Podere Cretaiole, bis zur SS 146, gehen auf dieser bis zu dem Doppelhaus von Bonellino, wo wir rechts auf die alte Steige abbiegen, auf der wir die Straßenkehre abschneiden. Auf der SS 146 erreichen wir Pienza, die Renaissance-Schöpfung des Piccolomini-Papstes Pius II.. Aber nicht nur die prunkvollen Gebäude faszinieren uns, vor allem die malerischen Seitengassen mit ihrem Blumenschmuck und so klangvollen Namen wie Via del bacio, Via dell'amore und Via della fortuna sowie die hohe Mauer, Aussichtsbalkon gegenüber Monte Amiata und Montalcino, das gute Eis ... fesseln uns an Pienza, so dass wir kurzerhand beschließen, unsere Fußwanderung durch die Südtoskana für dieses Jahr an diesem gastlichen und sehenswerten Ort zu beenden und mit dem TRA.IN-Bus zum vorbestellten Quartier nach Montepulciano zu fahren.

Bei Wein und gutem Essen träumen wir von einer Fortsetzung der Wanderung im nächsten Jahr, von Pienza über den Monte Amiata, über Pitigliano, Saturnia, Scansano zum Maremma-Nationalpark. Oder fangen wir im Norden der Provinz Siena an, in Certaldo, und wandern über San Gimignano und Radicóndoli Richtung Massa Marittima und weiter nach Castiglione di Pescaia? Das Wanderland Toskana bietet beinahe unbegrenzte Möglichkeiten. Einziges Hindernis sind die gastlichen Städte, Trattorien und Locanden, die den hungrigen und durstigen Wanderer immer wieder zum Dableiben überreden. Dadurch kommt man aber in Konflikt mit dem Wanderplan, der sich an den Übernachtungsmöglichkeiten orientieren muss.

Dann hilft aber immer der öffentliche Personennahverkehr, in diesem Fall meistens der TRA.IN-Bus, der den Wanderer zuverlässig und pünktlich zum Quartier bringt.

 

Wanderer - Info

 

Die beste Wanderzeit ist der Mai: Die ganze Toskana ist ein Blütenmeer, das Wetter ist relativ sicher, wenn es auch noch heftig regnen kann. Ab Juni ist es meist sehr heiß.  Von September bis April führen die Flüsse oft viel Wasser, so dass ein Durchwaten nicht möglich ist. Auf Grund der hohen Niederschläge im Frühjahr 96 hatten wir im Mai 96 auch Probleme bei der Überquerung des Ombrone, des zweitgrößten Flusses der Toskana. Ich rate, die Tour so zu planen, dass dieser Fluss auf einer der wenigen Brücken überquert werden kann.

 

Günstige Quartiere gibt es überall in den größeren Orten. Vorbestellung mit Reservierungsbestätigung ist ratsam, vor allem im August, wenn die Römer in der Südtoskana Urlaub machen. Die Preise sind mit 50 bis 100 DM pro Doppelzimmer erträglich. Das Frühstück nimmt man aber besser in einer Bar ein, das Hotelfrühstück ist für einen Wanderer unzureichend und auch zu teuer.  Eine andere Möglichkeit ist es, an einem Ort Station zu machen und von dort aus täglich seine Wanderungen zu unternehmen. Ferienhäuser in der Toskana findet man leicht und bequem auch im Internet. Das hätte den Charme, dass man sein Gepäck an einem Ort lassen und jeden Morgen mit leichtem Rucksack losziehen kann. Man muss jeweils nur sein Tagesproviant, reichlich zu trinken und die entsprechende Kleidung einpacken. Aber einkaufen kann man auch noch unterwegs, denn neben der Bar gibt es in jedem Ort einen Lebensmittelladen (Alimentari), wo täglich der Proviant eingekauft werden kann, was auch notwendig ist, denn oft liegen die Dörfer so weit auseinander, daß eine Mittagseinkehr nicht möglich ist.

 

Es gibt eine Vielzahl von Reiseführern über die Toskana, es gibt sogar einige deutschsprachigen Wanderführer, aber so richtig für alle Zwecke geeignet ist kein einziger. Gute Hintergrundinformation bietet der Toskana-Führer von Roland Günter (anabas-Verlag).

Die beste praktische Informationsquelle  ist der Führer von Axel Naegele aus dem Regenbogen-Verlag.

Für die Quartiersuche hilfreich ist der in der Reihe "Preisgünstig übernachten" im Verlag Georg Simader erschienene Italien-Band 1 (Toskana und Umbrien). Die Wanderführer decken meist nur den Apennin oder die Chiantihügel ab oder zeichnen sich durch haarsträubende Wegbeschreibungen aus, so dass man sie eigentlich nicht erwähnen sollte. Am meisten Informationen enthält noch der Scheuble & Baumgartner - Führer Wandern in der Toskana.

Viel besser sind die italienischsprachigen Wanderführer:

Antonio Arrighi / Roberto Pratesi: A piedi in Toscana. Vol. 1. Edizioni Iter. ISBN 88-86334-11-7

Fabio Pellegrini / Marco Montori: Viaggio a piedi dalle Crete Senesi a Montalcino alla Val d'Orcia (mit deutscher Zusammenfassung). Editrice Grafica l'Etruria, Cortona

Von Fabio Pellegrini gibt es noch weitere Wanderführer für anschließende Gebiete. Leider sind in den Pellegrini-Führern nur uralte, fast nicht lesbare Militärkarten abgedruckt.

Wichtigste Planungsgrundlage und unerläßlich für ein Gelingen von Wanderungen in abgelegenen Gebieten Italiens ist die neue Carta Topographica d'Italia 1 : 25 000, die derzeit vom Istituto Geografico  Militare in Florenz herausgegeben wird. Leider sind noch lange nicht alle Blätter erschienen. Für die beschriebene Wanderung liegen bisher folgende Blätter vor:

F. 307 Sezione IV Montieri, F. 307 Sez. I Monticiano, F. 307, Sez. II Roccastrada, F. 308, Sez. III Montalcino, F. 308 Sez. II San Quirico d'Orcia. Für die nicht abgedeckten Gebiete muß man sich mit der alten Militärkarte oder mit der Carta della Provincia Siena 1 : 150 000 begnügen. Letztere kann gut für die Grobplanung verwendet werden. Alle angegebenen Karten können über den Buchhandel beim GeoCenter ILH in Stuttgart bezogen werden.

 

Günther Krämer

7.9.96

 

 

       

                                                       

            Le Cornate, der höchste Berg der Colline Metallifere und das Bergnest Gerfalco                                        Blick vom Cornate über die Colline Metallifere                                                                                         Gerfalco